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Wie ein Gebäude funktioniert: Governance, Miteigentum und Management zur Werterhaltung von Immobilien

  • Autorenbild: Carlos E. Gimenez
    Carlos E. Gimenez
  • vor 2 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Eine Untersuchung des Miteigentumsmodells, der Gebäudeverwaltung und der geteilten Verantwortlichkeiten, die die Zukunft von Immobilienvermögen jenseits von Architektur und Lage definieren.


Gebäudemanagement Paraguay

Für viele Wohnungskäufer reduziert sich Immobilieninvestition auf eine einfache Gleichung: kaufen, vermieten, Rendite kassieren und auf Wertsteigerung warten. Doch hinter dieser vereinfachten Sichtweise verbirgt sich ein komplexes, streng reguliertes System, das für den Wert jeder Immobilie von entscheidender Bedeutung ist. Paradoxerweise ist dieses System der überwiegenden Mehrheit der Eigentümer und Investoren unbekannt: die Gebäudeverwaltung und die dazugehörigen Miteigentümergemeinschaften.


Im modernen Paraguay, wo die Stadtentwicklung rasant voranschreitet, herrscht ein Mangel an Bewusstsein für diese Problematik. Eigentümer verstehen selten, dass sie mit dem Erwerb einer Wohnung Teil einer Gemeinschaft mit spezifischen Regeln, gemeinsamen Verantwortlichkeiten und einer Verwaltungsstruktur werden, die den finanziellen und baulichen Zustand des Gebäudes bestimmt. Ihnen ist auch nicht bewusst, dass die Art der Immobilienverwaltung einer der wichtigsten Faktoren für den Werterhalt, die Lebensqualität der Bewohner und die zukünftige Rentabilität ist. Sie glauben, die monatliche Instandhaltungsgebühr reiche aus, als wäre es ein fester Betrag ohne weitere Überlegungen, ohne zu hinterfragen, was mit dem Geld geschieht, wie die Instandhaltung geplant wird oder welche Entscheidungsmechanismen existieren.


Der Wendepunkt kommt oft, wenn einem neugierigen Eigentümer Unregelmäßigkeiten auffallen: ungeprüfte Verkabelung, mangelhaft gewartete Brandschutzanlagen, nie realisierte Bauprojekte, unklare Rechnungen oder einfache Abnutzungserscheinungen, die auf fehlende Planung schließen lassen. Dieses anfängliche Unbehagen öffnet manchen die Tür zu einer Welt, die ihnen völlig unbekannt war. Mit dem ehrlichen Wunsch zu verstehen, wie das Gebäude funktioniert und wie die gemeinschaftliche Investition verwaltet wird, beginnen viele zu recherchieren: Sie fragen nach der Organisation der Verwaltung, den Abläufen der Eigentümerversammlung, wer die Entscheidungen trifft, welche Pflichten der Verwalter hat und wie die Ausgaben kontrolliert werden. Dabei entdecken sie, dass es eine rechtliche Struktur gibt, die alle Vorgänge regelt: die Teilungserklärung der Eigentümergemeinschaft.


Die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein zentrales Dokument, das vor Baubeginn des Gebäudes erstellt und im Grundbuch eingetragen wird. Vereinfacht gesagt, ist sie die Satzung des Gebäudes, vergleichbar mit der Gründungsurkunde einer Aktiengesellschaft. Sie legt die Eigentumsanteile jeder Einheit, die Verwaltungsabläufe, die Beziehungen zwischen den Eigentümern und die Entscheidungsfindung fest. Diese Teilungserklärung bestimmt, wie die Eigentümerversammlung gebildet wird, wie der Verwaltungsrat gewählt wird und welche Pflichten und Befugnisse sowohl die Verwalter als auch die Eigentümer selbst haben. Nichts davon ist optional. Nichts ist informell. Alles folgt einem präzisen rechtlichen Rahmen.


Trotz seiner Bedeutung ist dieses Dokument den meisten Wohnungseigentümern praktisch unbekannt. Viele lesen es nie und kennen daher ihre Rechte und Pflichten nicht. Sie wissen nicht, dass laut den Bestimmungen für Wohnungseigentümergemeinschaften ein von den Eigentümern gewählter Verwaltungsrat eingerichtet werden muss, der für die Überwachung aller Vorgänge im Gebäude zuständig ist. Auch wissen sie nicht, dass die beauftragte Hausverwaltung diesem Verwaltungsrat, der wie ein Verzeichnis fungiert, Rechenschaft schuldig ist und keine eigenständigen Entscheidungen treffen darf. In vielen Gebäuden ist genau das Gegenteil der Fall: Die Hausverwaltung agiert ohne Aufsicht, trifft Einstellungsentscheidungen, tätigt Einkäufe, verwaltet Budgets und führt Bauarbeiten durch, ohne die formelle Genehmigung des zuständigen Gremiums einzuholen. Diese Fehlentwicklung ist so verbreitet, dass viele Bewohner sie für normal halten, obwohl sie in Wirklichkeit sowohl gegen die Bestimmungen als auch gegen die Grundprinzipien der gemeinschaftlichen Verwaltung verstößt.


Wenn sich Eigentümer stärker einbringen, erkennen sie, dass der reibungslose Betrieb des Gebäudes nicht nur vom Willen des Verwalters abhängt, sondern auch von einer ausgewogenen Rollenverteilung. Der Verwaltungsrat, der sich aus zwingenden Miteigentümern zusammensetzt, ist verantwortlich für die Verwaltung des monatlichen Budgets, die Genehmigung von Ausgaben, die Überwachung der Lieferantenvergabe, die Bewertung von Verbesserungsprojekten, die Gewährleistung von Transparenz bei Entscheidungen und die Instandhaltung des Gebäudes. Die Geschäftsführung wiederum muss die Beschlüsse des Verwaltungsrats umsetzen, die Einhaltung der Vorschriften sicherstellen, genaue Aufzeichnungen führen, regelmäßig Berichte einreichen und stets gemäß den Anweisungen und nicht eigenmächtig handeln.


Wenn dieses System versagt, entstehen in Gebäuden Probleme, die ihren Wert schleichend mindern. Einkäufe werden unkontrolliert getätigt, Lieferanten nicht ausreichend geprüft, das Wartungspersonal ist unqualifiziert, Notfallsysteme werden vernachlässigt, vorbeugende Instandhaltung wird immer wieder verschoben, und kleinere Probleme häufen sich zu größeren an. Fehlende Transparenz schürt Misstrauen, mangelnde Planung treibt die Kosten in die Höhe, und der bauliche Verfall beeinträchtigt sowohl den Wiederverkaufswert als auch die Attraktivität des Gebäudes für Mieter. Kurz gesagt: Schlechtes Management kann mehr Wert vernichten als jede Marktschwankung.


Das weitverbreitete Unwissen über diese Angelegenheiten hat eine weitere Folge: Viele Eigentümer glauben, sie hätten kein Mitspracherecht. Sie gehen davon aus, dass die Verwaltung sich um alles kümmert und sie außer der Zahlung ihrer Instandhaltungskosten keinen Einfluss haben. Tatsächlich hat aber jeder Eigentümer, auch diejenigen, die nicht aktiv an Versammlungen teilnehmen, das Recht, alle monatlichen Rechnungen anzufordern, den Cashflow zu prüfen, die Lieferanten kennenzulernen, zu überprüfen, ob die Preise marktgerecht sind, und nachzuvollziehen, wie die Kautionen verwendet werden. Es ist das Geld aller und unterliegt daher der Kontrolle aller. Die Verwaltung darf die Auskunft nicht verweigern, da sie Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist und somit zur Rechenschaft gezogen werden muss.


Mit zunehmender Komplexität von Gebäuden gewinnt die rechtliche Dimension immer mehr an Bedeutung. Eigentümerversammlungen müssen strikt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch abgehalten werden, sowohl hinsichtlich der Einberufungsfristen und der Beschlussfähigkeit als auch der Gültigkeit der Beschlüsse. Andernfalls können Entscheidungen angefochten werden und sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Daher ist es in vielen Fällen ratsam, einen Anwalt mit der Begleitung des Versammlungsprozesses zu beauftragen, die Regelungen zur Miteigentumsgemeinschaft zu prüfen, die Einhaltung der Formalitäten zu kontrollieren und die Rechtssicherheit der Beschlüsse zu gewährleisten. Hierbei geht es nicht um Bürokratie, sondern um den Schutz des Gebäudes, der Eigentümer und der gemeinsamen Investition.


Die in vielen Gebäuden zaghaft entstehende Kultur der Mitwirkung zeigt, dass sich der Betrieb sofort verbessert, wenn sich Eigentümer organisieren und untereinander kennenlernen. Entscheidungen werden strategischer getroffen, die Transparenz steigt, Kosten werden optimiert und die Instandhaltung des Gebäudes wird zur gemeinsamen Priorität. Die Verwaltung agiert nicht mehr als autonome Einheit, sondern wird zum effizienten Umsetzer eines gemeinsamen Projekts. Diese Interaktion bringt einen doppelten Vorteil: Die Bewohner genießen ein gepflegteres und harmonischeres Umfeld, während die Mieter dank einer gut verwalteten und marktgerechten Immobilie eine stabilere und planbarere Rendite erzielen.


Letztendlich geht es beim Engagement nicht darum, sich zu übernehmen, sondern darum, die Immobilie zu schützen. Immobilieninvestitionen enden nicht mit der Schlüsselübergabe; sie beginnen erst dann. Ein gut geführtes Gebäude behält seinen Wert, altert würdevoll, bleibt gegenüber Neubauten wettbewerbsfähig und stärkt das Vertrauen am Markt. Ein schlecht geführtes Gebäude hingegen verliert an Wert, die Leerstandsquote steigt, interne Konflikte entstehen und es wird schließlich zu einem Problemobjekt.


Das Verständnis der Regelungen zur Miteigentumsgemeinschaft, die Rolle des Verwaltungsrats, die Überwachung der Geschäftsführung, das Einfordern von Transparenz, die Beteiligung an Entscheidungen und die Aufrechterhaltung einer offenen Kommunikation zwischen den Eigentümern sind keine Optionen, sondern wesentliche Bestandteile moderner Immobilien. In einem zunehmend vertikalisierten und anspruchsvollen Markt ist eine solide Gebäudeverwaltung eine der wichtigsten Säulen für nachhaltige Renditen und eine lange Lebensdauer der Immobilie. Was hinter verschlossenen Türen geschieht – bei Entscheidungen, Sitzungen, Finanzberichten und der Instandhaltung – entscheidet oft darüber, ob eine Investition erfolgreich ist oder scheitert.

 
 
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